Das Heuerlingswesen




Das Heuerlingswesen – auch im Kirchspiel Emsbüren
Vom Dreißigjährigen Krieg bis in die 50er Jahre des 20. Jahrhunderts bildeten die Heuerleute ein wichtiges Element der bäuerlichen Gesellschaft in den Dörfern Nordwestdeutschlands – so auch im Bereich des Kirchspiels Emsbüren.









 
Bild 1: Heuerhaus in Berge (Hungeling) Foto: Franz Schräer


Das Heuerlingswesen entstand ursprünglich vornehmlich aus der Tatsache, dass nachgeborene Bauernkindern, die wegen des geltenden Anerbenrechtes vom elterlichen Hof abgehen mussten, eine Bleibe suchten.
Zur Blütezeit des Heuerlingswesens um 1800 stellten sie in vielen Bauerschaften mehr als die Hälfte und zeitweilig sogar fast zwei Drittel der Bevölkerung.
Nach dem Zweiten Weltkrieg verschwanden die Heuerhäuser ab 1950 innerhalb von zehn Jahren aus unserer Kulturlandschaft: Sie wurden zumeist kurzerhand verlassen, abgerissen oder verkauft und dann umgebaut – einige wenige finden sich noch heute als renovierte Schmuckstücke an den Rändern unserer Dörfer.


Bild 2 Renoviertes Heuerhaus in Elbergen Foto: Skibicki

Da es seit mehr als fünfzig Jahren auch im Raum Emsbüren keine Heuerleute mehr gibt, soll diese ehemalige Sozialisationsform hier vorgestellt werden: Ein Heuermann bewirtschaftete eine kleine Landpachtstelle mit einem Heuerhaus und 2 – 4 Hektar Land. Dafür musste die Miete für das Haus und die Pacht für Acker und Weide in Form von körperlicher Arbeit auf dem Hof des Bauern abgedient werden. Aber auch Geldzahlungen waren zu leisten. Das bedeutete eine starke Abhängigkeit vom Bauern, zumal es keine soziale Absicherung wie etwa gegen eine Kündigung gab.
Wegen der geringen Größe der meisten Heuerstellen waren „de Hüerlüe“ gewöhnlich auf einen Zuverdienst angewiesen. Dieser wurde im 18.Jahrhundert vor allem in der »Hollandgängerei«, der saisonalen Wanderarbeit in den benachbarten Niederlanden beim Torfstich, der Grasmahd oder beim Deichbau gefunden, später auch im Wanderhandel als sogenannte Tödden, in der Seefahrt als Walfänger oder Heringsfischer. Viele Heuerlingsfamilien arbeiteten auch in der ländlichen Textilproduktion, der Hausweberei und Spinnerei. Etliche Männer waren als ungelernte Handwerker unterwegs – etwa als Holzschuhmacher oder Hausschlachter.
Die Aufteilung der bisher gemeinschaftlich genutzten Marken und Gemeinheiten im Zuge der Markenteilung auf die Bauern während der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts verschlechterte die Situation der Heuerleute drastisch, da ihnen die bis dahin geduldete Nutzung der Markengründe jetzt nicht mehr erlaubt war -– hier am Beispiel Gleesen vorgestellt.


Archiv Robben



Archiv Geschichtswerkstatt Emsbüren

Als dann noch Missernten hinzukamen, sahen viele Heuerlingsfamilien in der Auswanderung nach Übersee die einzige Perspektive. Aus Elbergen verschwanden mehr als die Hälfte der Heuerlingsfamilien.

Die verbliebenen Heuerleute litten aber weiterhin unter schlechten Wohnbedingungen und vor allem unter der in der Regel nicht schriftlich fixierten Arbeitsverpflichtung gegenüber ihrem Bauern.



Bild bearbeitet von B. Robben

Um hier Abhilfe zu schaffen, organisierten sich die Heuerleute in der Weimarer Republik in Vereinen, doch NS-Zeit und Zweiter Weltkrieg verhinderten wesentliche Fortschritte. Das dann doch schnelle Ende des Heuerlingswesens kam während der 5oer und 6oer Jahre mit der Mechanisierung der Landarbeit, die den Heuermann entbehrlich machte, und dem wachsenden Angebot von Arbeitsplätzen außerhalb der Landwirtschaft, die den Heuerleuten höhere Löhne und einen sozialen Aufstieg ermöglichten. Nun fanden viele der ehemaligen abhängigen Landarbeiter eine Anstellung in sich stark entwickelnden Landmaschinenfabriken wie van Lengerich oder Krone im südlichen Emsland. Sie bauten dort nun d i e Landmaschinen, die ihre früheren Arbeiten auf den Höfen übernahmen z. B. Miststreuer oder Ladewagen.
Insgesamt kann man jedoch aus heutiger Sicht feststellen, dass das Heuerlingswesen bei weitem nicht die schlechteste Sozialisationsform für die nichtbesitzende Landbevölkerung war. In anderen Teilen Deutschland stand es um die Lebensverhältnisse für diese Landlosen zum Teil erheblich ungünstiger.
insbesondere war den Heuerlingen die Möglichkeit gegeben, fast durchweg heiraten zu können, weil sie durch eine geringe Viehhaltung und die Nebenerwerbstätigkeit - insbesondere durch den Hollandgang - so viel Geld erwirtschaften konnten , dass sie ihre Familien ausreichend ernähren konnten .
In anderen Teilen des Landes wie in Ostdeutschland oder Bayern erhielten viele Besitzlose keine Heiratserlaubnis nach dem geltenden Armenrecht.
Weitere Informationen folgen…






 


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