Ein Bauer und Lehrer aus Bernte als Pionier im Bankwesen und in der Pflanzen- und Tierzucht:

Hermann Schnelling - Moormann


Mein Urgroßvater mütterlicherseits: Heuerlingssohn – Lehrer – Hofbesitzer und mehr:

Gründervater des Genossenschaftswesens in Emsbüren:   Hermann Schnelling, geb. Moormann

 

Dieser interessante Mann wurde 1836 als Sohn eines Heuerlingsehepaares in Vinnen im Emsland geboren. Mit 22 Jahren übernahm er im Jahre 1858 in der Bauerschaft Bernte fünf Kilometer nördlich von Emsbüren  die Lehrerstelle. Dort freundete er sich mit dem Bauern Schnelling an. Als dieser 1872 starb, heiratete der Lehrer die Witwe Catharina, mit der er gemeinsam den großen Hof führte.

Sein Nachruf im Lingener Volksboten vom 10. Mai 1900 stellt ihn näher vor:

Heute Morgen wurden die sterblichen Überreste unseres lieben verstorbenen Lehrers Schnelling zur letzten Ruhe bestattet. Groß war der Leichenzug, und tief die Trauer der Teilnehmenden. Der selig Entschlafene war ein ganzer Mann, ein Charakter vom Scheitel bis zur Sohle, freundlich und entgegenkommend war er im Umgang, hilfreich allen, die seinen Rat und seine Hilfe suchten, klar und ruhig in seinem Urteil. 42 Jahre wirkte er in unserer Gemeinde als Lehrer und Erzieher. Neben seinen Arbeiten, denen er mit strenger Gewissenspflicht allzeit nachgekommen ist, war der seit 27 Jahren Vorsitzender des landwirtschaftlichen Vereins Emsbüren. Bekannt ist seine unermüdliche und erfolgreiche Tätigkeit in diesem Verein, der in den Verstorbenen einen wahren Freund und treuen Berater verloren hat, dessen Verlust schwer zu ersetzen ist. Seine Kollegen fanden sich in voller Zahl ein, um ihm die letzte Ehre zu erweisen, ein Zeichen, wie sie alle ihm mit Liebe und Verehrung zugetan waren. Möge er nun ausruhen von seinen Arbeiten und den Lohn dafür empfangen in der Ewigkeit.

Friede und Ruhe seiner Asche.

Lehrer und Landwirt

Hermann Moormann hatte in Münster eine Kurzausbildung zum Lehrer absolviert, denn das war für einen Heuerlingssohn noch finanziell erschwinglich.

Durch die Heirat mit der Witwe eines größeren Bauern war er in die Lage versetzt worden, seine Erfahrungen praktisch umsetzen zu können. Der Bernter Bauer Hermann Schnelling, wie er nach seiner Heirat offiziell hieß, hörte 1883 als Ausschussmitglied des „Westfälischen Bauernvereins“ während einer Versammlung in Münster einen Vortrag des Vaters der ländlichen Genossenschaften, Friedrich Wilhelm Raiffeisen, über seine Idee von wirtschaftlichen Selbsthilfevereinen. Danach war für ihn klar: So etwas muss auch in Emsbüren geschaffen werden! Hier sprach jemand aus, was er selber schon lange ähnlich empfunden hatte.

Daher hatte Moormann-Schnelling zehn Jahre zuvor schon mit anderen weitsichtigen Bauern den landwirtschaftlichen Verein Emsbüren gegründet.

Seine durch den gezielten Einsatz von künstlichem Dünger enorm gesteigerten Fruchterträge auf dem Acker, den Wiesen und Weiden demonstrierten den interessierten Berufskollegen den Vorteil der modernen Methoden. Noch 60 Jahre nach seinem Tode gehörte der Hof Schnelling zu den besten Zuchtställen in ganz Nordwestdeutschland mit entsprechenden Auszeichnungen.

Nun sprach dieser Lehrer und Bauer auf den Sitzungen des landwirtschaftlichen Vereins deutlich aus, wo den Landwirten und auch den Heuerleuten in dieser Zeit des enormen Wandels der Schuh drückte. Wenn die Landwirte allerdings die neuen Entwicklungen mitmachen wollten, dann benötigten sie dafür Geld. Neben der Landwirtschaft brauchten auch das aufblühende Handwerk und der Handel dringend Kredite für ihr Wachstum.

Bei Hermann Schnelling fielen Raiffeisens Ideen – wie die von der Einrichtung einer örtlichen genossenschaftlich organisierten Spar- und Darlehenskasse – auf fruchtbaren Boden. Schnelling gehörte dem neunköpfigen Verwaltungsrat der 1884 gegründeten Bank an.

Damit ist die Spar- und Darlehenskasse Emsbüren – soweit dies nachzuverfolgen ist – die älteste Genossenschaftsbank im Emsland.

Wenn man mündlichen Überlieferungen glauben darf, warben die Vorstandsmitglieder der Emsbürener Genossenschaftsbank gelegentlich in anderen Dörfern mit ihren positiven Erfahrungen. Noch 1884 folgte eine weitere Genossenschaftsbank in Haren.

So kann also der Sohn eines Heuerlings als ein Pionier des landwirtschaftlichen Aufbruchs in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts sowohl im Bereich der Tier- und Pflanzenzucht als auch im Bankenwesen der näheren Region gelten. Vor dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs war die Emsbürener Spar- und Darlehnskasse die bedeutendste und erfolgreichste im gesamten Emsland. Als weitere Pioniere des Genossenschaftswesens des Emslandes sind vornehmlich die Bauern August Degen aus Plankorth, Theodor Pennemann aus Brual und Hermann Gröninger aus Lindloh zu nennen, die weit über ihre Dörfer hinaus wirkten.

Mein Opa Theodor Schnelling erzählte über seinen so erfolgreichen Vater Hermann Schnelling geb. Moormann, dass nicht alle Geschäftsleute aus Emsbüren ihm wohlgesonnen waren und spöttelten: He is doch blot een Söhn van enn Hüürmann!

Aber durch die starke Unterstützung der größeren Bauern der umliegenden Dörfer konnte er seine Ziele durchsetzen. Für diese vergleichsweise wohlhabenden "Colone" waren die Ackerbürger von Emsbüren ohnehin gesellschaftlich eher unbedeutend: Es wurde nur untereinander geheiratet. 

Es galt das Motto: Schönheit vergeht, Hektar besteht. 
                  Oder: Hektar bei Hektar!

BR

 

Zum Foto: Hermann Schnelling – Moormann (mittlere Reihe rechts) im Kreis von Lehrerkollegen und Bauern aus Mehringen.
Vorne links: der bekannte und sehr geschätzte Hauptlehrer Tiesmeyer aus Emsbüren.

Das Foto befindet sich Besitz von U. Berning in Lingen




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