"Helscher Fähr"

 
 

Viele Wege führen nach Rom. Aber nur ein Weg führt von Gleesen, Helschen, Hesselte, Listrup und Moorlage über Kirchspielgrund und Boden nach Emsbüren. Dieser Weg geht über die

 

Helscher Fähr“

  
 

Das war nicht immer so. Aus schriftlichen Aufzeichnungen des Lehrers August Jost-Westendorf aus Leschede kann 
        man so einiges lesen. (Lingener Tagespost vom 29. Februar 1964)

Die Ems war schon in frühen Zeiten ein wichtiger Transportweg. Auf Pünten mit geringem Tiefgang wurden Sandsteine und Bauholz schon im 12. Und 13 Jahrhundert aus der Grafschaft Bentheim in Richtung Norden gebracht. So wurde die „Hellische Fehre“ zu einem bedeutenden Umschlagplatz. Die Fähre war ein wichtiges Transportmittel für Waren und Menschen. Es handelte sich um eine Kettenfähre. Eine sogenannte „Scharkette“ wurde von der südlichen Giebelseite des Fährhauses quer über die Ems und die Niederungen gespannt. An dieser Kette lief das Fährschiff. Wenn ein anderes Schiff die Stelle passieren wollte, musste die Kette mittels einer Seilwinde ins Wasser gelassen werden. Dafür wurde ein Kettengeld bezahlt.

Bei Niedrigwasser im Sommer wurde die Fähre nur in Ausnahmefällen gebraucht. Der Personenverkehr ging über eine aus kleinen Schiffen und Bohlen gebaute Brücke. Pferdewagen und Viehtrieb ging über eine Furt. Bei Hochwasser, wie im Jahre 1946, musste die Stromniederung vom Hundepohl bis zur Helscher Seite mit Booten überquert werden, was nicht ganz ungefährlich war.

Um 1300 besaß der Fürstbischof von Münster in Helschen das „Haus zur Vehre“. Die Vollerben des Kirchspiels Emsbüren mussten die Wege in Ordnung halten: „ Wege und Stege to beteren und anders gehorsamlick to doene“. Hierbei ging es hauptsächlich um den breiten Fuhrweg von Holland über Bentheim und Nordhorn , Schüttorf, Engden, Drievorden Berge, Emsbüren und Leschede. Alles was also von West nach Ost über den Landweg transportiert wurde, musste an der Fähre umgesetzt werden. Dafür musste ein Fährgeld gezahlt werden. So zahlte man für einen Wagen mit zwei Pferden 1 Stüber Brabant, für Wagen mit einem Pferd einen halben Stüber, eine erwachsene Person zahlte einen Pfennig.

(9 Pfennig gleich ein Stüber, 20 Stüber gleich ein Gulden.

Umfangreich waren die Güter die über die Ems gebracht wurden: französiche, rheinische und spanische Weine, englische, hamburgische und lübeckische Biere, Branntwein aus Weizen und Buchweizen, Flachs und Wolle, Honig in Tonnen und Wachs für Kerzenmacher, und wie schon erwähnt, Holz und Steine aus Bentheim.

Aber auch hier blieb die Zeit nicht stehen. Zwischen 1300 und 1500 nahm die Besiedlungsdichte zu. Die Halberben schoben sich zwischen die Vollerben, das Handwerk blühte auf, Handel und Verkehr nahmen zu. Die Hanse entfaltete ihre Kräfte zum Ausbau der Wasser- und Landwege. Die Landesfürsten schlossen sich an. Im Jahre 1522 ließ Graf Nikolaus das Flussbett der Ems begradigen.

Auf dem hohen Ufer lag das Fährhaus völlig frei- ungeschützt vor Wind und Wetter. Bei hohem Wasserstand und dem starken Nordwind wurden Segel gesetzt. Das unterstützte die Staker in ihrer Arbeit. Die Schiffe kamen oft im Verband, um sich gegenseitig zu unterstützen, etwa beim Auflaufen auf eine Sandbank oder beim Schutz gegen Wegelagerer.

Bei der Belagerung der Stadt Lingen erschienen am 02. November 1597 10 Schiffe aus Emden. Sie brachten Munition und Proviant für die Bürger. Am 09. Und 10. November kamen weitere, durch widerwärtigen Wind aufgehaltene, Schiffe. So steht es in einem Dokument. Solche Verbände kamen auch bis zur „Helscher Fähr“ und weiter bis Rheine. Aus den unruhigen Jahren des 30 jährigen Krieges wird nur wenig berichtet.

Versuche zur Hebung des Schiffsverkehrs wurden durch den Bau des Dortmund-Ems-Kanals bei der Eröffnung im Jahre 1895 gestartet mit den Worten des Regierungsrates Oppermann. So heißt es: (Zitat) „Da die Ems in früheren Zeiten, beim Mangel von Straßen und Eisenbahnen, allein dem Verkehr zwischen Westfalen und Ostfriesland einschließlich der dazwischen liegenden Landstriche vermittelte, so wurde Bedacht darauf genommen, ihre Schiffbarkeit zu verbessern. Im Mai 1685 wurden zu Meppen zwischen kurfürstlich-brandenburgischen, fürstlich-münsterschen, ostfriesisch-städtischen und städtisch-emsländischen Bevollmächtigten Beratungen gepflogen über eine bessere Schiffbarmachung der Ems von Emden bis Rheine und womöglich bis Münster“.

Das Ergebnis war ohne jede größere Bedeutung, da der Bischof von Münster bald einen anderen Plan verfolgte.

Für das Fährhaus aber wurde die Holzwirtschaft im Kreis Bentheim von großer Bedeutung. Die bäuerliche und gewerbliche Wirtschaff brauchte laufend Holz für Geräte, Haus- und Brücken- und Schiffsbauten, besonders aber auch Brennholz. Der Norden schrie nach Holz, wie es in alten Unterlagen zu lesen ist.

In den Mittelpunkt der Waldpflege rückte schon im Mittelalter die Eiche, die Justus Möser die „Heilige“ nannte. Der Wald war während des dreißigjährigen Krieges dem Raubbau zum Opfer gefallen. Die bentheimer Gutsherren verpflichteten ihre Pächter und Bauern zur Anpflanzung von Eichen. Jeder Althof zeigte bald einen Kranz von Hofeichen, untermischt von Hülsenbüschen (Ilex).

Unweit des Fährhauses liegt der Hof Keutz-Staelberg. Auch dieser Hof wurde von großer Bedeutung für den Fährpächter.

Der Verkehr am Fährhaus muss bereits Anfang des 17. Jahrhunderts sehr umfangreich gewesen sein; zahlte doch der Pächter ab 1698 jährlich 300 Reichstaler Pachtzins an den Bischof von Münster. Das war bei der damals herrschenden Armut, hervorgerufen durch die schrecklichen Kriegszeiten, eine unvorstellbar hohe Summe, so daß man unwillkürlich zu der Frage kommt: Wie konnte der Pächter diese vielen Taler überhaupt aufbringen?

Wir bedanken uns bei H.A. Jost-Westendorf und bei Werner Hölscher, Helschen für Unterlagen und Bildern

H.H.








 

 




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