Kunkemühle

 


Die Kunkemühle in Moorlage, Gemeinde Emsbüren

 

  1. Moorlage

Über die Frühgeschichte der kleinen Bauernschaft Moorlage des Ortsteiles Gleesen der Gemeinde Emsbüren im südlichen Emsland wissen wir nichts Genaues. Moorlage gehörte bis zum Jahr 1400 zur Markengemeinde Lünne. Seinen Namen erhielt dieser Teil des Spellerwaldes erst nach 1400. Es scheint, als sei Moorlage von Venhaus aus besiedelt worden, so schreibt Schriever. Alle Kolonate mit Ausnahme des Buthofes – heute Butmeyer – und Imbusch – heute Imbus – waren dem Edelhof Venhaus eigenhörig .Kirchlich wurde Moorlage zum Kirchspiel Emsbüren zugeschlagen. Die Aa war die Grenzlinie.

Im Schriever, Band II, S. 17 finden wir Moorlage in folgender Urkunde erwähnt: Nach vielen Auseinandersetzungen zwischen dem Grafen zu Tecklenburg und dem Bischof von Münst, kam es am 25. Oktober 1400 zu dem Beschluss, das der Tecklenburger Graf, dem die Grafschaft Lingen unterstand, unter anderem den zu Plantlünne gehörigen Spellerwald, also die Ortschaften Dreierwalde, Venhaus und Moorlage an Münster abtreten musste. Dies ist auch für uns die erste Erwähnung von Hofesnamen.

Unter dem Begriff: „Spellerwolt“ waren die Orte Dreierwalde, Venhaus und Moorlage zusammen gefasst. Ein unwegsamer, sumpfiger, von Unterholz bedeckter Teil des Spellerwaldes ist Grenzstreifen zwischen dem Venkigau, dem Trecwiti-Gau und Bursibant. Er wird im 9. und 10. Jahrhundert noch unbewohnt gewesen sein.
 


 

  1. Zugehörigkeit zur Venhauser Burg

Die Valcken sind eine uralte Familie, die schon 1221 ihren Lehnbesitz in der Umgebung von Ahaus und Steinfurt hatte. Die Genealogie der Familie wird im Schriever, Band II auf S. 309 beschrieben.

Bernd Falcke ,der Besitzer der Burg Venhaus in der Mitte des 16. Jahrhunderts, war eigenhörig: alle Höfe auf Venhaus und die Höfe zu Moorlage mit Ausnahme von Buthof und Imbusch und zwar die Vollerben Hilvert, Moorwessel, Kunke, das Halberbe Bockel,heute Boeker, das Drittelerbe Kunkarens (jetzt Bruns), die Kunkemühle usw. Dies ist die erste Erwähnung der Kunkemühle.

1580 kam die Burg Venhaus durch Heirat an das Geschlecht der Ripperda, die ursprünglich von Spanien kamen.
 

  1. Die Kunkemühle in Moorlage

1626 kaufte Carl Victor von Ripperda zu Venhaus von dem Edelen Schillinck zur Buchsfortt das ehemals dem Johann Kunke gehörende Erbe mit Mühle und den der Trinen Kunke eigenen Kotten. Der Kaufpreis belief sich auf 900 Reichstaler, wovon Ripperda 50 anzahlte. Die restlichen 850 Reichstaler versprach er bei nächstkünftigen Michaelis 50 RT Zinsen und auf nächstkünftigen Paschen im Jahre 1627 achthalb Hundert RT. Als Sicherheit verpfändete er seine Güter, besonders das Gut Venhaus.

 

1642 verstarb Carl von Ripperda und wurde in der Kirche von Plantlünne beigesetzt.

Die Witwe übernahm die Verwaltung der Güter und sie musste sich gleich gegen die Angriffe ihres adeligen Nachbarn, des Junkern Clauß Jobst von Langen, Erbgesessener auf dem Gute Spyck, wehren. Sie hatte die Erlaubnis erhalten, auf dem Gelände an der Aa, welches Kunken gehört hatte, die Wassermühle zu erweitern und mit den Einrichtungen zum Mahlen von Korn, Ölschlagen und zum Walken von Wolle zu versehen.

Zu diesem Zwecke hatte sie ihren Knechten befohlen, Holz zu schlagen und Balken daraus zu sägen, dann sollte das Fachwerk für die neue Wassermühle gezimmert werden. Als die ersten Gefache standen, hatte der Junker von Langen mit seinen Knechten, Hausbediensteten und einigen Eigenhörigen die Baustelle überfallen, das Bauholz zerhauen und das Gebälk niederreißen lassen.

Belegt sind diese Vorgänge durch das zuständige oranische Gericht in Lingen mit dem Richter und Gograf Silvester Dankelmann, das zu einer Schlichtungsverhandlung am 14. Juli 1643 tagte. Der Junker wurde schuldig gesprochen, doch bevor es zu einer Bestrafung kam, hatten sich die Parteien im August geeinigt, was ebenfalls als Protokoll vorhanden ist.
 


 

Die Mühle wurde errichtet und erfreute sich regen Zuspruchs der umliegenden Bauernschaften.

Doch schon 20 Jahre später gab es andere Schwierigkeiten. Es gab in der emsländischen Region zwischen den Landesherren und deren Verwaltungen Unstimmigkeiten über die Frequentierung der Mühlen im Raum Biene- Meppen. Die Bauern wurden gezwungen, auf der Herrenmühle in Meppen ihr Korn mahlen zu lassen. Für die Kunkemühle, die in der Plantlünner Mark gelegen war, aber zur Hälfte auch im Lingenschen lag, stellte der Besitzer Ripperda fest, dass seine Mühle nicht als ausländische Mühle angesehen werden sollte.

Die Familie Ripperda starb aus und wegen Überschuldung kam die Burg Venhaus unter den Hammer. Der Freiherr von der Recke erstand das Gut. 1669 wird dies in einem Rechtsstreit mit Listrupern deutlich.

1705 waren große Reparaturarbeiten fällig. Nach Fertigstellung der Reparaturarbeiten ließ der Venhauser Rentmeister von den Kanzeln der Kirchen in Rheine, Emsbüren und Plantlünne verkünden, dass die Kunkemühle für die Zeit von 1705 -1709 verpachtet werden soll. Es gab eine Art Versteigerung und der Meister Engelbert von Dülmen aus Plantlünne bekam für 267 Reichstaler den Zuschlag. Sein Bürge war der Obervogt zu Emsbüren, Henrich Hettermann.

Unter den vielen Bedingungen des Vertrages stand auch, „dass der jetzige Müller Wilhelm Kunke, solange er dem Pächter und den Mahlgenossen treu bleibt, auf der Mühle verbleiben soll.“ Bei der Vertragsunterzeichnung erklärte überraschend der Pächter von Dülmen, den Vertragspunkt 8 nicht einhalten zu können. Er wollte nicht den Müller Kunke übernehmen. Der Rentmeister blieb hart und ließ daraufhin den Bürgen, Obervogt Hettermann kommen und setzte diesen zum Pächter der Kunkemühle ein.

Einige Zeit später gab der Mühlenpächter Hettermann zur Kenntnis, dass es den Mahlgenossen aus dem Lingenschen Gebiete nicht mehr möglich sei, die Kunkemühle zu nutzen. Es seien Posten aufgestellt, die die Wege blockierten, um nach Moorlage zu kommen.

Weitere Probleme machten die Bauern aus Spelle, die die Aa stauten, so dass es nicht genügend Wasser zum Mahlen gab.

Ein andermal klagten die Varenroder und Heiteler Bauern, dass das Wasser nicht zu hoch gestaut werden dürfe.

Durch Heirat kam ca. um 1739 die Familie Landsberg- Steinfurt nach Venhaus und wurde Besitzerin der Kunkemühle.

Nach verschiedenen Pächtern wurde 1771 die Mühle an Johann Adolph Buddenberg verpachtet. Dieses Pachtverhältnis verlängerte sich mehrmals.

1843 verkaufte der Reichsfreiherr von Landsberg – Velen die Mühle mit allen Nebenanlagen an den Müller Franz Moritz Buddenberg und seine Ehefrau Gesina Meyering für 14 140 RT.

Die Bedingungen an der Kunkemühle blieben schwierig. Buddenberg versuchte, die Genehmigung auf einer 300 m entfernten Stelle für eine Windmühle zu bekommen. Doch dies wurde ihm verweigert.

1891 ging die Mühle in das Eigentum des Unternehmers Heinrich Echterhoff über. Dieser spekulierte auf profitable Geschäfte, da der Bau des Dortmund – Ems – Kanals, der nur ca. 500 m entfernt von der Kunkemühle vorbei führte.

Echterhoff verkaufte das gesamte Anwesen der Kunkemühle mit ca. 15 ha landwirtschaftlicher Fläche 1902 an den Mühlenbauer Rudolf Schröder aus Ibbenbüren.

 

 

Die Zeitungswerbung vom 12. September 1902 zeigt, dass die Mühle ausschließlich als Kornmahlmühle beworben wurde. Der kleine Moorlager Hafen wird genannt, von dem aus Ladungen gelöscht werden konnten.

Eine Gaststätte Kunkemühle wird es schon seit langer Zeit gegeben haben. Eine schriftliche Überlieferung liegt uns nicht vor. In der heutigen Gaststätte ist eine alte Fensterscheibe vorhanden, in der eingraviert ist: „Buddenberg 1870“. So ist anzunehmen, dass es schon in dieser Zeit eine Gaststätte gab, waren doch die Mahlgänge immer mit Wartezeiten verbunden und dann wurde sicher nicht nur Kaffee getrunken.

Agnes Schröder erzählte, dass in der jetzigen Gaststätte im hinteren Teil ein Raum für die Pferde abgetrennt war. Auch wurden mit der Fertigstellung des Kanals die ersten Schiffe mit Pferden auf den Leinpfaden gezogen. So konnte der kleine Moorlager Hafen gut genutzt werden, um hier zu nächtigen und Pferden und Schiffern eine Pause zu verschaffen.

Zur Familie Schröder:

1902 kaufte – wie schon beschrieben – Mühlenbauer Rudolf Schröder aus Ibbenbüren die Kunkemühle.

Er hatte acht Kinder. Ein Sohn fiel im 1. Weltkrieg. Der jüngste Sohn Gustav Schröder, lernte das Müllerhandwerk und betrieb dazu die Gaststätte, die 1920 errichtete Sägemühle und die dazu gehörige Landwirtschaft.

Gustav Schröder hatte drei Söhne, der älteste Sohn Rudolf fiel im 2. Weltkrieg und so erbte der zweite Sohn Friedrich Schröder, von allen „Schröder´s Fritz“ genannt, das Anwesen. Er war Landwirtschaftsmeister und heiratete Agnes Schindler, die mit ihrer großen Familie als Flüchtlinge aus Schlesien kam. Aus der Ehe gingen drei Kinder hervor, wovon der Älteste, Rudolf Schröder, die Kunkemühle erbte. Leider ist er vor zwei Jahren verstorben.
 



 

Besondere Vorkommnisse im vergangenen Jahrhundert:

Aus der Schulchronik Moorlage ist zu lesen, dass 1921 Schröder für die Kunkemühle einen Generator anschaffte, um Licht und Maschinen betreiben zu können.

Auch ist auf der Kunkemühle vor dem 1. Weltkrieg das erste Telefon in Moorlage installiert worden. Dies wurde sicher in wichtigen Fällen von den Moorlagern mit benutzt.

Da die Kunkemühle die einzige Gaststätte der Bauernschaft war und ist, wurden bis in die heutige Zeit dort die verschiedensten Versammlungen abgehalten.

Das Moorlager Schützenfest ist urkundlich ab 1911 nachgewiesen. Das Schießen vormittags fand bis 1957 auf der Wiese bei Schröder statt. Die Schützenfeste wurden dagegen umlaufend auf den verschiedenen Bauerndielen gefeiert.
 


 

Brand auf der Kunkemühle:

Ein Sägewerk wurde 1920 nach Aussage von Agnes Schröder angeschafft. Doch ist in der Schulchronik 1932 vermerkt: „Am 26. 5. 1932 ertönte Feueralarm. Starke Rauchwolken ließen gegen 5 ½ Uhr am Nachmittag einen Brand der Kunkemühle erkennen. Schröders Sägemühle stand in hellen Flammen. Telefonisch wurde die Feuerwehr von Altenlünne zur Hilfe gerufen, die auch bald auf der Brandstelle erschien. Das Feuer, dessen Entstehung nicht bekannt ist, hatte sich mit großer Schnelligkeit ausgebreitet. Die Sägemühle und sämtliche Maschinen wurden ein Raub der Flammen. Die Kornmühle konnte gerettet werden.“

Nach dem Krieg - 1947/48 war das alte Mühlenrad abgängig. Das Rad wurde ausgebaut und es wurde eine Wasserturbine eingebaut (in einem eigenen Turbinenhaus). Diese Turbine war deutlich leistungsfähiger als das Wasserrad.

Für die Kunkemühle bestand ein Staurecht, das im Wasserbuch in Osnabrück festgeschrieben war. Dieses Staurecht wurde der Familie Schröder in den 60iger Jahren abgekauft. Ab dann wurde das Sägewerk mit einem 30 PS – Elektromotor angetrieben. Bis vor wenigen Jahren war das Sägen möglich. Heute wird die Säge nicht mehr genutzt.

 

Das Wochenendgebiet Kunkemühle.

Schon zwischen den beiden Weltkriegen gab es an der Aa neben der Kunkemühle in den Sandbergen erste Wochenendhäuser, die besonders gerne von Rheinensern in einfacher Holzbauweise erstellt wurden. Hier konnte man also schon immer gut das Wochenende und die Ferien verbringen.

Nach dem 2. Weltkrieg wurden – wie überall in Westdeutschland – durch die großen Flüchtlingsströme sämtliche Häuser und Wohnungen benötigt, um Familien unter zu bringen. So wurden in diese „Wochenend - Hütten“ auch Flüchtlingsfamilien untergebracht. Nur langsam entspannte sich diese Situation. Die meisten Familien fanden im Umfeld Arbeit und Wohnmöglichkeiten. Einige sind hier heimisch geworden. In den 60iger und 70iger Jahren wurden hier im Emsland entlang der Ems und auch der Aa vermehrt neue Wochenendhäuser gebaut, häufig auf Erbpachtbasis. So ist das Wochenendhausgebiet an der Aa im Eigentum der Familie Schröder. Viele der oft aus dem Ruhrgebiet kommenden Menschen sind inzwischen im Rentenalter und benutzen die Ferienhäuser als Dauerdomizil.

 

Weitere Bemerkungen zu Moorlage aus historischer Sicht.

  1. Münstersche Absplisse

Der Begriff: münstersche Absplisse hat sich ergeben, da nach den Eroberungen Napoleons für einige Jahre das Fürstentum Rheina – Wolbeck in der Zeit von 1815 – 1819 entstand. Die geistlichen Fürstentümer wurden aufgehoben und durch Entschädigungen anderer Herzogtümer – überwiegend linksrheinisch gelegen - kam – für uns wichtig - der Herzog von Looz-Corswaren Es wurden zwischen Ems und Aa Dörfer herausgenommen. So wurden von Emsbüren die Bauernschaften Holsten, Bexten und Listrup, Gleesen, Helschen, Hesselte und Moorlage mit der Kunkemühle abgetrennt. Diese Gebiete hatten eine andere Rechtsentwicklung und erhielten so den Namen: „münstersche Absplisse“.

  1. Höfe und Einwohner nach Schriever

Im Buch von Schriever, das 1910 heraus kam, steht über Moorlage, dass es 4 Vollerben, 1 Dreiviertelerbe, 1 Halberbe, 2 Drittelerben, 1 Achtelerbe und 5 Heuerleute gab, im ganzen 95 Seelen.

Die Schule in Moorlage wird bei Schriever 1784 erwähnt. Seit dieser Zeit bildete Moorlage mit Hesselte eine Schulgemeinde.

Vorher ging ein Teil der Kinder aus Moorlage nach Listrup auf den Hof Beile – früher Seybering, jetzt Hölscher zur Schule. Das ehemalige erste Schulgebäude stand auf dem Hof Kunkarens, heute Bruns. Das zweite Schulgebäude wurde 1860 auf der anderen Straßenseite in Klinker errichtet, wo heute das Haus von Helmut Smit steht. Das dritte Gebäude an der Kreuzung zur Kunkemühle wurde 1926 gebaut. Es waren immer einklassige Volksschulen. Die Schulgeschichte in Moorlage endete 1967 mit der Schulreform.

  1. Der Herthasee oder heute: der blaue See in Lünne

In Lünne auf dem Weg nach Moorlage sind Tonvorkommen mit einer entsprechenden Qualität, so dass sich dort eine Ziegelei ansiedelte.

Beim Bau des Dortmund Ems Kanals in den 90iger Jahren des 19. Jahrhunderts wurde zum Abdichten des Kanals viel Ton benötigt. So wurden von der Ziegelei aus Schienen gelegt über die Aa, zwischen Kunkemühle und dem Kunkel – Hof – heute Susse, die bis hin zum Kanal führten. Mit Loren wurde der Transport von Ton und Ziegeln zum „Moorlager Hafen“ bewerkstelligt.

Als kein Ton mehr benötigt wurde, füllten sich die Gruben mit Wasser und als Hertha Gröne, ein junges Mädchen aus Lünne, als erste in dem kristallklaren Wasser schwamm, wurde der See nach ihrem Vornamen getauft. Später wurde er zur Unterscheidung in Blauer See umbenannt.


Quellen:

Schriever: Die Geschichte des Kreises Lingen, Band I und II

Tenfelde: Die Mühlen im ehemaligen Landkreis Lingen

Schulchronik Moorlage

Verfasser: August u. Ulla Feldmann, Juli 2013

Wir bedanken uns bei Ulla und August Feldmann für diesen Bericht

H.H.

 




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